Wenn ich hasse, existiere ich – stimmt das?
Frage: Manchmal scheint es, dass der Hass uns stärker, als etwas anderes vereinigt. Warum mag das jüdische Volk so gern hassen?
Antwort: Wenn ich gerade versuche, mich jemandem anzuschließen, decke ich plötzlich auf, dass ich ihn einfach so hasse. Es gibt keine realen Gründe.
Vielleicht ist er dunkler oder heller als ich. Vielleicht isst er gefüllten Fisch, und ich – Schuarma (Gericht aus Fleisch). Es ist doch klar, dass der Hass zwischen uns in Wirklichkeit mit dieser Welt nichts zu tun hat. Die Quelle liegt im Spirituellen: irgendwann wurde ein Parzuf Adam, eine Seele in viele Teile geteilt, und seitdem stehen wir einander gegenüber. Anders gesagt, wir sind während der Zerstörung des Zweiten Tempels von der Bruderliebe in den grundlosen Hass gefallen, und diese Umdrehung wurde zur Quelle einer weiteren Konfrontation.
Deswegen, wenn ich heute danach strebe, die Einheit und die Liebe zu erreichen, decke ich auf, dass derselbe grundlose Hass (Sina), der so hoch wie der Berg Sinaj ist, in mir selbst begründet ist. Irgendwann habe ich den Treffpunkt der Mitmenschen über diesen Berg, auf seinem Gipfel, geschaffen; aber jetzt gibt es ihn nicht mehr.
So allmählich wird der immer größer werdende grundlose Hass zwischen uns offenbart werden, im Maß unserer Fähigkeit, ihn mit der Liebe „zuzudecken“. Und wir werden wieder als das Volk Israels wachsen, bis wir die absolute Liebe erreichen werden.
Aus dem 558. Gespräch über das neue Leben, 19.04.2015
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