Thisa B`Av und der Bau des Dritten Tempels
Tisha B’Av (der 9. Av) symbolisiert die Zerstörung des Beit HaMikdash (Tempel), die tiefe Kluft zwischen uns, die durch die Offenbarung des trennenden Egoismus verursacht wurde.
Der 9. Av ist ein tragischer Tag in der jüdischen Geschichte, an dem der Erste und der Zweite Tempel zerstört wurden und an dem die Juden aus England, Frankreich und Spanien vertrieben wurden. Außerdem war dies der Tag, an dem die Juden aus dem Warschauer Ghetto geholt wurden, um während des Holocausts umgebracht zu werden.
Jedem Feiertag und jedem besonderen Datum im jüdischen Kalender liegt eine spirituelle Wurzel zugrunde, spirituelle Kräfte, die in unserer physischen Welt erscheinen und sie beeinflussen. Die Tatsache, dass sich all diese Tragödien über viele Jahrhunderte hinweg an ein und demselben Datum ereigneten, ist nicht zufällig. Sie unterstreicht die spirituelle Wurzel, die allen Problemen zugrunde liegt, die das Volk Israel plagen.
Warum kam es zur Zerstörung des Tempels? Weil wir anfingen, den Tempel als Gebäude zu betonen, anstatt ihn als Symbol unserer Einheit zu sehen. Wir, das jüdische Volk, kamen an einen Punkt, an dem wir die höhere Macht vergaßen, die uns durch unsere Verbindung zur Verfügung steht, die Kraft, die die Bande zwischen uns festigt. Wir haben uns von unserem Ziel entfernt, ein Mensch in einem Herzen zu sein, ein Zustand, der es ermöglicht, den Schöpfer zu offenbaren.
Wie es geschrieben steht: „Der Abend der unglücklichen Leiden wird der Neunte Av sein. Und der Schöpfer entschied: Ihr habt vergeblich geweint, und deshalb werde ich euch einen Grund für euer Weinen geben. Der Neunte Av wurde zu einem Trauertag für das ganze Volk. An diesem Tag wurden nämlich der Erste und der Zweite Tempel zerstört…“ (Midrasch Raba, Shlach)
Heute befinden wir uns genau in der gleichen Situation wie bei den vergangenen Zerstörungen der Tempel. Niemand hegt wirklich gute Gefühle für andere. Wir befinden uns in einem Zustand, in dem der Egoismus uns beherrscht und alles trennt und zerstört, was zwischen uns positiv sein könnte. Solange wir unseren fatalen Fehler nicht erkennen, hat es keinen Sinn, Tisha B’Av nur als etwas zu begehen, das in der Vergangenheit geschehen ist und um das wir trauern müssen. Wir versäumen es zu lernen, was wir als Volk hier und jetzt tun müssen: uns zu vereinen und dadurch das Böse in Gutes zu verwandeln. Deshalb werden Juden leider immer wieder von schrecklichen Ereignissen heimgesucht, und sogar die Vorhersage eines neuen Holocausts könnte am Horizont auftauchen, diesmal in globalem Maßstab, der alle Juden bedroht, wo immer sie sich befinden.
Wir müssen einfach erkennen, dass die Quelle unserer Probleme – der unbegründete Hass zwischen uns – heute so lebendig ist wie in der Vergangenheit. Es liegt also an uns, mit dem Wiederaufbau unseres Tempels zu beginnen, mit dem Bau des Dritten Tempels – dem Zustand der Einheit und der gegenseitigen Vollendung, der Überwindung von Hass, Arroganz und Stolz; dem Zustand der „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“.
Wir müssen eine Verbindung zwischen uns schaffen, die ausreicht, damit die gute Kraft, die man den Schöpfer nennt, zum Vorschein kommt. In der Zwischenzeit ist diese mächtige positive Kraft in unserer Welt noch verborgen. In dem Moment, in dem wir die richtigen und nützlichen Verbindungen herstellen, wird sich die Güte der Welt durch uns offenbaren, und wir werden in der Lage sein, der ganzen Welt zu zeigen, wie man den Dritten Tempel für alle Völker und Nationen baut, so wie es geschrieben steht: „Mein Haus soll ein Haus des Gebets für alle Völker genannt werden“ (Jesaja 56,7).
Ich wünsche mir, dass all die tragischen Ereignisse, die unserem Volk widerfahren, aufhören, dass wir ihre Ursache erkennen und verstehen und sie beseitigen. Ich wünsche mir, dass wir uns über das Leid der gegenwärtigen Welt in Verbindungen der Liebe erheben. Möge uns dies bald gelingen!
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