Rabasch, 1984, „Der Mensch helfe seinem Freund „, der Text des Artikels ist in Fettdruck geschrieben.
Ich kann ohne Hilfe des Freundes nicht vorankommen, weil man nur in der Verbindung den Ort erreichen kann, in dem mir die spirituelle Welt eröffnet wird.
Hier brauche ich keine Hilfe, die in unserer Welt üblich ist, d.h. keine Hilfe des stärkeren, reicheren, besseren oder klügeren Menschen. Ich brauche die Hilfe des gleichgesinnten Menschen, der das gleiche Lebensziel verfolgt.
Wir müssen verstehen, wie ein Mensch seinem Freund helfen kann? Gilt das nur dort, wo es Reiche und Arme, Weise und Dumme, Starke und Schwache und dergleichen gibt?
In unserer Welt wird die Hilfe dort gebraucht, wo es einen Bruch zwischen den Menschen gibt, nur dort findet man die Möglichkeit, einander zu helfen. Wenn beide aber in der gleichen Lage sind, dann gibt es für die Hilfe keinen Platz. Die Hilfe in unserer Welt kommt also von einem Begünstigten zu einem minder begünstigten.
Aber wenn es nur Reiche, Starke und Kluge gibt, wie kann man dann noch einander helfen?
Ehrlich gesagt sind wir davon nicht begeistert, wenn wir jemanden um Hilfe bitten müssen. In unserem Inneren kommen Scham, Stolz und Neid hoch. Denn wir wollen uns nicht als Bedürftige zeigen, wir möchten nicht abhängig sein und streben nach der Getrenntsein.
Doch es gibt eine Sache, die allen eigen ist – das ist die Gemütslage. So wie die Weisen sagten: „Die Sorge im Herzen eines Menschen soll man anderen erzählen.“ Denn wenn die Stimmung schlecht ist, dann werden weder Reichtum noch Weisheit helfen.
Die erhobene Stimmung ist eine Folgerung der sicheren Empfindung einer guten Zukunft. Und wenn man weiß, dass man alleine nicht zurechtkommen oder sich retten kann, dann wird man depressiv.
Nur ein anderer Mensch kann einem helfen, indem er sieht, dass er sich in einem niederen Zustand befindet. So wie geschrieben steht: „Kein Mensch kann sich selbst aus dem Gefängnis befreien““.
Wenn unsere Welt das Gefängnis ist, dann erreicht man die Freiheit, die Empfindung der höheren Welt, nur mithilfe eines zielgerichteten Freundes.
Ein Freund kann ihn aufmuntern, d.h., die Überzeugung in der Erreichung des Ziels geben.
Das heißt, sein Freund erhebt ihn aus dem Zustand der Melancholie, in dem er sich befindet, in einen Zustand des Lebens. Dann beginnt der Mensch wieder Lebenskraft, Sicherheit und Glück zu spüren.
Meine Verzweiflung kam von der Unmöglichkeit, das geistige Ziel ohne Hilfe zu erreichen. Ich kann niemanden verpflichten, aber ich habe einen Freund gefunden, der sich wünscht, mir zu helfen. Somit hilft er mir nicht mit seinem Wissen oder mit seinem Reichtum, sondern nur mit dem Wunsch, das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Folglich muss also jedes der Mitglieder der Gruppe auf die Gemütslage seines Freundes achten, und darüber nachdenken, worin er seinem Freund helfen könne, um ihm eine gehobene Stimmung zu bereiten.
Denn gerade die Stimmungslage ist jenes Tätigkeitsfeld, wo jeder in seinem Freund einen Mangel finden kann, den er füllen kann.
Es bedeutet nicht, dass man den Freund erheitern muss. Wir sind verpflichtet, in jedem Freund das Gefühl der Überzeugung in der Zielerreichung hervorrufen, damit er den Geist des Lebens, die gehobene Gemütsverfassung erlangt – welche über dieses Leben, über diese Welt hinaufsteigt. Mit einem Freund kann der Mensch sicher aus diesem Gefängnis hinauskommen.
Aus dem Unterricht nach einem Artikel von Rabasch, 26.09.2010
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