Kabbala und der Sinn des Lebens - Michael Laitmans persönlicher Blog

Beiträge in der Kategorie 'Egoismus'

Ein Jom-Kippur-Gebet, das erhört werden wird

In Bezug auf Gut und Böse: „Ganz gleich, wie wir uns verhalten oder wo wir sind, am Ende werden wir irgendwie davonkommen, weil Gott gut und gütig zu seinem Volk ist“. Das ist das übliche jüdische Kalkül für Jom Kippur, dem Tag der Buße.

Kurz und bündig gesagt: Überlegt euch das gründlich, denn das ist reiner Unsinn. Unsere „Sonderbehandlung“ resümiert in Wahrheit in ständigen Schlägen, die uns ständig zu einer tiefgreifenden Erforschung unseres egozentrischen und schädlichen Verhaltens gegenüber anderen drängt. Bereits das Eingeständnis unseres unkorrigierten Zustandes ist ein großer Schritt hin zum wahren Gebet, das wir benötigen – zu einem, das zur Vergebung und Erlösung führt.

Aber was ist ein wahres Gebet? Es ist ein innerer Prozess der Selbstprüfung, der zur Erkenntnis führt, dass man ein Problem damit hat, seine egoistischen Verlangen und Handlungen zum Selbstnutzen, auf Kosten anderer, rechtfertigen zu können. Mit diesen Eigenschaften wurde jeder von uns erschaffen und von Geburt an damit ausgestattet. Um uns also darüber zu erheben und wirklich rücksichtsvoll anderen gegenüber zu sein, müssen wir den Schöpfer um Hilfe, um Korrektur, anrufen.

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Glauben in Krisenzeit

Wenn etwas schief geht, suchen die Menschen im Himmel nach Antworten und Trost. Seit der Antike haben die Menschen nach etwas gesucht, woran sie sich in Krisen- und Notzeiten festhalten können, und so ist es ganz natürlich, dass diese Pandemie die Suche nach einer höheren Macht ausgelöst hat. Dieser Aufschrei wird unsere Entdeckung des Sinns des Lebens beschleunigen und uns helfen, eine Antwort zu verinnerlichen, die in der Kraft der Liebe zwischen uns gefunden wird.

Ein Viertel der Amerikaner sagt, dass Covid-19 ihren religiösen Glauben gestärkt hat, während nur 2% das Gegenteil behaupten, wie eine Umfrage des Pew Research Center ergab. Andere Studien bestätigen einen direkten Zusammenhang zwischen Naturkatastrophen und Krisenmomenten und eine verstärkte Tendenz, sich an eine höhere Macht zu wenden. Die Zahl der Google-Suchen nach dem Wort „Gebet“ in 75 Ländern hat sich seit Beginn der Coronavirus-Krise fast verdoppelt.

Die Menschen müssen das Gefühl haben, dass sie einen Anker haben, dass es etwas gibt, dem sie vertrauen oder an dem sie sich festhalten können. So wie ein Kind seine Mutter festhält und nicht loslässt, weil es als der sicherste Ort wahrgenommen wird, so brauchen auch wir, Erwachsene eine Quelle der Sicherheit. In der Welt um uns herum finden wir eine solche Quelle nicht. 

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Ein Merkmal unserer Zeit


Frage: Die Geschichte der menschlichen Entwicklung ist die  Geschichte unserer Verlangen. Etwa 35 tausend Jahren v. Chr. begann sich die Stufe der grundlegenden, tierischen Verlangen zu entwickeln: Nahrung, Sex, Familie.

Zwischen 4 tausend v. Chr. und dem 5ten Jahrhundert n. Chr. dominierte das Verlangen nach Reichtum die Menschheit. Vom 5ten bis zum 15ten Jahrhundert herrschte das Verlangen nach Macht, vom 15ten bis zum 20ten Jahrhundert – das Verlangen nach Wissen. Seit Ende des 20sten Jahrhunderts, bis zu Beginn des 21ten Jahrhunderts – dominiert das Verlangen, den Sinn des Lebens zu offenbaren und sich auf dieser Stufe der Pyramide zu verwirklichen.

Was ist das Besondere unserer Zeit? Was bedeutet es, sich auf der letzten Stufe der Spiritualität, zu realisieren?

Antwort: Tatsache ist, dass sich unsere Verlangen stufenweise, nach besonderen Gesetzen entwickeln. Die höchste Stufe ist die, auf der wir uns heute befinden: der Egoismus zwingt den Menschen dazu, sich selbst nach dem Ebenbild des Schöpfers zu verwirklichen, ein Schöpfer zu werden.

Andererseits offenbart sich in uns die absolute Unfähigkeit, dies zu erreichen. Wir kommen hier zu der Tatsache, dass die Aufgabe, wie der Schöpfer zu werden, sich nicht auf direkten Weg lösen lässt, sondern sich auf eine ganz andere Art und Weise entwickelt und verwirklicht.

Jeder muss von der Natur die Kräfte erhalten, die ihm helfen, sich zu verändern um einen Überbau über sich selbst herzustellen, der „Mensch –  wie der Schöpfer“ – genannt wird. Wir sind in allen  anderen Bestrebungen, wie Tiere.

Wo in uns versteckt sich der Mensch, den wir entwickeln müssen? – Er steckt sehr tief in uns. Das ist nur ein kleines Verlangen, das sich seit Jahrhunderten in uns entwickelte, bis wir es heute zu spüren beginnen. Es ist sehr interessant, dies zu erkennen: Wir dürfen unsere ursprüngliche egoistische Natur nicht entwickeln, sondern müssen sie umgekehrt, altruistisch verändern. Darin besteht die Angleichung an den Schöpfer.

Wenn man zu einem Menschen werden will, muss man sich sozusagen von innen nach außen stülpen, die tierische Existenz und die menschlichen Vorlieben aufgeben. Man muss auf alle derzeitigen Werte wie Reichtum, Macht, Ruhm und Wissen verzichten und nur eines vorziehen – den Schöpfer zu studieren, um Ihm ähnlich zu werden.

Aus der TV-Sendung „Management-Fertigkeiten“, 25.06.2020

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Warum neigen wir dazu, alles um uns herum zu verändern, nur uns selbst nicht?


Frage: Wir versuchen immer, alles um uns herum zu verändern, zum Beispiel den Führer der Regierungspartei, den Ehepartner, den Wohnort, bis auf eine Sache – uns selbst. Warum begreift der Mensch nicht, dass das Einzige, was er wirklich verändern kann, seine Beziehung zur Welt ist?

Antwort: Unser Egoismus hält uns davon ab, dies zu erkennen.

Mich zu verändern bedeutet, dass ich nicht gut bin, sondern mich verbessern muss. Warum muss ich das tun? Es ist die härteste Arbeit, die viel Mühe und Energie erfordert, ich muss mich gegenüber anderen annullieren. Sich vor anderen zu beugen ist gegen unsere Natur. Es ist nicht leicht.

Nur wenn ein Mensch ein sehr großes Ziel vor Augen hat, kann er sich dazu zwingen, es zu erreichen. Wenn wir zum Beispiel während des Uni-Studiums ein Ziel erreichen wollen, ist dieses Ziel für uns wichtiger, als auf dem Sofa zu liegen.

Aus dem TV-Programm „Die Ära des Post-Coronavirus“, 07.05.2020

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Im Gegensatz zu den Naturgesetzen


Frage: Die äußeren Merkmale unserer falschen Beziehung verursachen eine Krise. In der Wirtschaft lässt sich dies an Beispielen wie dem Wegwerfen riesiger Lebensmittelmengen zeigen, um das Preisniveau auf dem Markt zu halten.
Im Bereich des Gesundheitswesens werden nur solche Medikamente hergestellt die für die Pharmaindustrie profitabel sind. Im Bereich der Ökologie produziert die chemische Industrie jährlich Hunderte von Tonnen anorganischer Produkte, welche die Atmosphäre verschmutzen. Das heißt, alles wird vom Profit eines anderen diktiert, ohne Rücksichtnahme gegenüber den restlichen Menschen. 

Versteht der Mensch nicht, dass die Gesetze der Gesellschaft die gleichen Naturgesetze sind wie die physikalischen?

Antwort: Er kann sie nicht spüren, kann sie nicht berücksichtigen und realisieren. Wenn ich die Grenzen einer Kraft nicht wahrnehme, existiert sie für mich nicht.

Frage: Inwiefern widerspricht die Ideologie der Konsumgesellschaft den Trends und den Naturgesetzen?

Antwort: Es ist eine Tatsache, dass die Natur integral ist. Sie tut nichts Unnötiges. Für die Natur sind Anfang, Mitte und Ende objektiv notwendige Systeme und existieren nur, um sie in den besten Zustand zu bringen. Damit ein Mensch etwas tun kann, muss er den Anfang und das Ende kennen. Er muss seine gesamte Beziehung zur Natur spüren und verstehen warum er existiert.

Das haben wir nicht, also konzentrieren wir uns nur auf unseren Egoismus. Tatsächlich müssen wir uns mit der Natur beschäftigen, die Größe des Ziels spüren und versuchen, uns mit aller Kraft darauf einzulassen.

Aus dem TV-Programm „Die Ära des Post-Koronavirus“, 07.05.2020.

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Lasst uns an diesem Rosch Haschana aufrichtig sein

Laut dem hebräischen Kalender beginnt heute das neue Jahr und wir wünschen uns gegenseitig ein “Frohes Neues Jahr”. Ich hoffe, dass dieses Jahr der Schwerpunkt auf “neues” und nicht auf “frohes” liegt. Ich persönlich bin nicht gegen Glück, aber wenn wir ehrlich sind, wird das ein hartes Jahr. Und nur durch Aufrichtigkeit können wir die uns bevorstehenden Schwierigkeiten mildern. Es ist offensichtlich, dass wir alle uns nicht nur gegenseitig ausbeuten, sondern die gesamte Menschheit. Doch wie sehr sich unser schlechtes Verhalten auf all unsere Lebensbereiche auswirkt ist uns nicht klar.
Die negativen Auswirkungen unserer Selbstsucht, unseres rücksichtslosen Wettstreits, der Bevormundung und Überheblichkeit haben viele Facetten. Wir brauchen nicht auf alle einzugehen. Sogar oberflächlich betrachtet ist klar, dass uns ein übermäßiger Konkurrenzdruck mit den “Großen” mitzuhalten und mehr als nötig zu konsumieren zu einer schnelleren Ausbeutung der Ressourcen der Erde führt. Trotz der Vergeltungsschläge der Erde, wie durch Covid, Waldbrände, Tornados oder Überschwemmungen, versuchen wir unsere ausbeuterische Lebensweise mit Gewalt aufrechtzuerhalten.
Unser Hauptopfer sind nicht die Tiere oder die Erde. Es sind die anderen Menschen. Auch die Umweltkatastrophen sind nichts im Vergleich zu dem Schmerz, den wir uns gegenseitig zufügen. Und es gibt noch genug Hass in unserer Gesellschaft, um die Flut der Katastrophen zu vergrößern.
Ich möchte niemanden deprimieren, ganz im Gegenteil. Wir sollen nur unsere Aufmerksamkeit auf den wahren Grund unserer Probleme richten: denn Hass in der Gesellschaft. Wenn wir uns auf diesen Punkt konzentrieren und daran arbeiten die Stimmung von Hass und Misstrauen zu verändern, dann wird das Vorhergesagte nicht eintreffen, oder nur in abgeschwächter Form. Wenn wir uns gegenseitig nur Gutes wünschen, können wir Covid von einer tödlichen Krankheit in eine milde verwandeln, sogar bis zur Symptomfreiheit. Das allein genügt um die Entwicklung des nächstes Jahres zu beeinflussen.
Wir können Seite an Seite am Aufbau einer solidarischen und fürsorglichen Gesellschaft arbeiten, statt einer wettbewerbsorientierten und kalten. Und kein Zeitpunkt ist besser als der Beginn eines neuen Jahres.
Deshalb möchte ich allen Menschen wünschen, dass das kommende Jahr ein Jahr der Aufrichtigkeit wird, ein Jahr der Anerkennung unserer Fähigkeiten und Unfähigkeiten, unserer Fehler und unserer Entscheidungen, ein Jahr, in dem wir uns dafür entscheiden, einander Gutes zu tun. Dann, und nur dann, werden wir ein glückliches Jahr haben, und das wird sicherlich etwas Neues sein.

Gesetze die wir offenbaren müssen


Frage: In den letzten Jahrhunderten haben wir über 200 physikalische Gesetze aufgedeckt. Darüber hinaus gibt es soziale Gesetze, die wir selbst erfunden haben: Ethik, staatliche und sogar religiöse Gesetze und Traditionen.

Kann man davon ausgehen, dass die Ursachen aller unserer Krisen und Leiden darin besteht, dass wir diese Gesetze künstlich erfunden haben?

Antwort: Ja, ich stimme dem absolut zu.

Frage: Was bedeutet es, den Gesetzen der Natur zu folgen?

Antwort: Leider folgen wir nicht den Gesetzen der Natur, sondern unserem Egoismus, der uns gegen die Natur aufbringt und alles tut, um sie zu zerstören.

Frage: Müssen wir also noch soziale Gesetze offenbaren?

Antwort:  Natürlich. Dies sind die Gesetze einer integralen Gesellschaft, in der wir ein und dasselbe sind wie die gesamte Natur.

Wir trennen uns nicht von der Natur und teilen sie nicht in unbelebt, pflanzlich, tierisch und menschlich auf. Wir betrachten sie als ein einheitliches, globales System, das in sich selbst existiert und sich in der absoluten Verbindung aller seiner Teile entwickelt. Das Wichtigste ist, dass das Grundgesetz dieser Natur die Liebe ist.

Lieben bedeutet, auf alles und jeden Rücksicht zu nehmen, eine gute Einstellung zu allen zu haben, zu verstehen, wie gut alles, was meinen nächsten Zustand bestimmt, für alle anderen sein wird.

Ich betrachte die Natur als integrales System und kümmere mich nur darum, dass sie im besten Zustand ist.

Aus dem TV-Programm „Die Aera des Postcoronavirus“, 07.05.2020

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Wir kämpfen alle gegen den selben Feind

Es wird immer offensichtlicher, dass wir alle den selben Feind bekämpfen. Dieser Feind sagt, dass die eine Gruppierung böse ist und die andere unmenschlich. Er trennt uns und lässt einen Teil glauben, dass es kein Coronavirus gibt und die Maske unnötig ist, während die anderen das egoistisch und unverantwortlich finden, da sie das Leben anderer gefährden. Und uns allen macht er weiß: “Ich bin dein Freund, ich bin auf deiner Seite”.

Das stimmt aber nicht. Er richtet sich gegen uns alle als Gesellschaft und jeden von uns als Individuum. Er kümmert sich nur um sich selbst und will nichts anderes als uns zu versklaven. Dieser Feind ist unser Ego und er beherrscht die Methode des “trenne und herrsche” sehr gut. 

Das Ego lässt uns die gegenseitige Abhängigkeit nicht erkennen und wir glauben, dass die andere Seite nicht existieren sollte. Aber ohne einander, ohne unsere Gegensätze, würden wir selbst nicht existieren. Wir sind zwei Seiten derselben Medaille. Wenn man versucht eine Seite zu entfernen, bleibt nichts übrig.

Auf allen Ebenen der Realität gibt es kein einziges System, dass nicht von seinem Gegenstück abhängt. Genauso ist es bei uns Menschen. Ohne Tod wären wir nicht fähig an das Leben zu denken. Die Dunkelheit brauchen wir, um das Licht wahrzunehmen und Liebe erfahren wir nur, wenn wir den Hass kennen. Wir wären sogar unfähig mitzufühlen, wenn die Grausamkeit nicht existieren würde.

Wir vergleichen uns mit anderen Menschen. Wie können wir sonst unsere eigenen Ansichten, Fähigkeiten, Vorlieben und Abneigungen erkennen? Unsere Welt existiert gerade wegen dieser Gegensätze und macht sie reicher und schöner. Wir lieben die Vielfalt und Widersprüche der Natur. Warum hassen wir sie in unserer Gesellschaft? Ihr Genuss und Wertschätzung ist uns zuwider. Schließlich findet unser Ego, dass nur wir wichtig sind, sonst niemand. 

Das Ego lässt uns Gegensätze negativ bewerten. Das bringt Zerstörung unserer Welt. Es ist jetzt Zeit uns zu verbinden, um es zu entthronen, bevor es uns alle dazu bringt, uns gegenseitig zu töten. Wenn wir nicht aufpassen, wird es uns in einen Krieg führen, den nur das Ego gewinnen wird.

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Die Kultur des gegenseitigen “Auslöschens” oder wie wir lernen können einander zu akzeptieren

Sollten wir Menschen und ihre Ideen auslöschen, wenn wir mit ihnen nicht einverstanden sind? Dies ist zum Dilemma unserer Zeit geworden. Die so genannte „Cancel-Kultur“, die darin besteht, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens die Unterstützung für ihre Meinungen oder Handlungen zu entziehen, ist bereits ein Trend, der das Internet überschwemmt. In Zeiten, in denen sich das Leben aller um die gleichen Kämpfe und Herausforderungen dreht, müssen wir unsere Spaltungen aufheben. Stattdessen sollten wir uns unsere Unterschiede anerkennen machen und ein Umfeld der Akzeptanz schaffen. Unser gemeinsames Schicksal steht auf dem Spiel.

Öffentliche Attacken auf Prominente, Wissenschaftler, Personen des öffentlichen Lebens oder Unternehmen wegen einer Äußerung, die als beleidigend angesehen werden könnte – sind zur neuen Norm in den soziale Medien geworden. Niemand bleibt von Aufrufen nach Beendigung der eigenen Karriere oder Strafen bis hin zum völligen Boykott verschont, wenn seine Ansichten bestimmten Gruppierungen nicht gefallen. Wo endet die Meinungsfreiheit und wo beginnt das Recht, andere zunichte zu machen?

Wir leben in einer Zeit, in der unser Ego – unsere egozentrische Vision – jede Grenze sprengt und jeglicher Zurückhaltung und Kontrolle entbehrt. Das Ego will andere nicht anhören oder abweichende Ansichten berücksichtigen. Es ist nicht bereit, Fakten oder kontroverse Themen auf zivilisierte Weise zu diskutieren. Mit anderen Worten: Wir haben kein Interesse daran, eine gemeinsame Idee zu bilden, uns auf halbem Weg (oder auch nur zu einem Bruchteil) zu treffen, um eine gemeinsame Basis zu finden. Das Ego gibt nicht so leicht auf, denn was für uns zählt, ist unser eigener Standpunkt. Das ist die einzige Wahrheit.

Die Abschaffung des Anderen ist so tief in die moderne Gesellschaft eingedrungen, dass es keine Chance auf eine Einigung, auf einen zivilisierten Gedankenaustausch oder auf einen fruchtbaren und bereichernden Diskurs gibt. Es ist sehr bedauerlich zu sehen, wie weit wir uns von einer Diskussionskultur entfernt haben, von aufrichtiger Offenheit und wie stur wir zunehmend sind. „Ich werde regieren“ ist der Ruf der Stunde.

Die Tendenz, andere auszuschalten, ist häufig auch in Fernseh-Talkshows und an runden Tischen zu beobachten. Die Gäste schreien ihre kurzen Attacken so schnell wie möglich heraus, weil andere sie sonst überhaupt nicht zu Wort kommen lassen. Es wird dazu ermutigt, Meinungen lauter, schärfer und schneller als der andere zu äußern. Logik und Inhalt spielen keine Rolle.

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Wofür opfert man sich?


Frage: In der Welt gibt es inzwischen viele Beispiele dafür, dass man sich selbst opfert, um andere zu retten. Die Ärzte, die Kranke retten, arbeiten rund um die Uhr, manchmal ohne Schutz. Viele Prominente bekunden der Welt gegenüber, dass sie bereit sind, sich selbst und ihr Kapital zu opfern.

Sie sagen auch, dass man sich ändern und seinen Egoismus hergeben muss. Besteht darin die Freiheit der Wahl?

Antwort: Nein, das ist etwas anderes. Obwohl ich solche Beweggründe begrüße, handelt es sich nicht um einen korrigierten Zustand der Menschheit.

Es geht darum, dass die Menschheit ihre Beziehung zueinander, ihre Einstellung zu Egoismus und Altruismus korrigieren muss, nicht in einer kurzen Reihe von Handlungen, die Kranke oder etwas anderes betreffen.

Es gibt Menschen, die aus Egoismus bereit sind, andere zu töten, damit sie keine Grünflächen zerstören oder die Umwelt verschmutzen. Wir sehen, dass all diese Bewegungen für eine grüne Natur und für saubere Luft absolut egoistisch sind. Und zwar so sehr, dass Menschen mit leidenschaftlichem Egoismus bereit sind, in das Leben eines anderen Menschen einzugreifen, der im Gegensatz zu ihnen ein anderes Verständnis davon hat, was gut ist.

Frage: Sind Sie der Meinung, dass Hilfen in Extremsituationen, wie bei Pandemien oder Wirtschaftskrisen selbstverständlich sein sollen? Wird das nicht als Korrektur bezeichnet?

Antwort: Ja. Wir müssen nur erkennen, wie sehr uns unsere Natur gegeneinander ausspielt und wir müssen lernen, menschliche Handlungen richtig zu charakterisieren.

Wenn es mir schwer fällt, einen Kranken anzuschauen, und ich deshalb Geld für seine Behandlung ausgebe, dann heile ich im Endeffekt nicht ihn, sondern lediglich meine Schmerzen für ihn. In der Kabbala geht es um eine tiefere Korrektur unseres Wesens.

Frage: Ich muss also gute Taten tun, nicht weil ich mit dem Kranken mitfühle, sondern weil ich darüber stehe. Muss ich das trotzdem für ein höheres Ziel tun, selbst wenn ich mit dem Menschen in keiner Beziehung stehe?

Antwort: Genau aus diesem Grund.

Aus der TV-Sendung „Die Zeit des Post-Coronavirus“, 30.04.2020.

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