Kabbala und der Sinn des Lebens - Michael Laitmans persönlicher Blog

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Der Tag nach dem Coronavirus – Kapitel 3 – Die Evolution stärkt die Verbindung

Die Evolution stärkt die Verbindung

Unser Verständnis der Welt beruht auf der Tatsache, dass wir umso mehr Naturgesetze entdecken, je weiter die Menschheit voranschreitet. In der Antike fanden wir heraus, wie man bestimmte Steine zu Eisen, Kupfer und verschiedenen Metallen verarbeiten und wie man aus Rohstoffen Nahrungsmittel und Getränke wie Brot und Wein herstellen kann.

Später versuchten die Wissenschaftler, grundlegende Elemente der Natur in den verschiedenen Wissenschaften wie Physik, Chemie und Biologie zu beschreiben, und formulierten verschiedene Gesetze und Theorien, wie z.B. das Gravitationsgesetz, die Energiegesetze, die Auswirkungen von Energie auf verschiedene Materialien und so weiter.

Neue Gesetze und Theorien stellten oft die uns bereits bekannten in Frage, wie z.B. Einsteins Relativitätstheorie in Bezug auf die klassische Physik, die bis zu seiner Zeit weithin akzeptiert war.

Alles, was mit uns geschieht – unsere gesamte Entwicklung – entfaltet sich innerhalb der Naturgesetze. Je mehr wir verstehen, wie und warum die Natur so funktioniert, wie sie funktioniert, desto besser können wir die vielen Phänomene verstehen, die sich in unserem Leben abspielen, einschließlich der Coronavirus-Pandemie.

Die Weisheit der Kabbala betont die Verbindungen zwischen den verschiedenen Ebenen der Natur. Es ist so, wie Baal HaSulam in seinem Artikel „Die Freiheit“ erklärt:

„Es besteht eine allgemeine Verbindung zwischen allen Elementen der vor uns liegenden Wirklichkeit […], was bedeutet, dass jedes einzelne Geschöpf der Welt aus den vier Typen – unbelebt, vegetativ, belebt und sprechend – nach dem Gesetz der Kausalität durch Ursache und Wirkung lebt. […] Dies ist für alle offensichtlich, die die Wege der Natur von einem rein wissenschaftlichen Standpunkt aus und ohne ein Fitzelchen Voreingenommenheit untersuchen“.

Alle Teile der Realität sind miteinander verbunden. Jede Handlung hat eine systemische Wirkung. Darüber hinaus werden im Laufe der Evolution die Verbindungen zwischen den Teilen der Wirklichkeit immer raffinierter. Die Evolution beschreibt die Entwicklungsprozesse von Lebewesen von unscheinbaren Elementen zu komplexen Lebensformen, die auf Zusammenarbeit beruhen. So entwickelte sich aus der Verbindung zwischen unterschiedlichen Teilchen die lebende Zelle. Die Grundeinheiten des Lebens bildeten später weitere Verbindungen, um mehrzellige Lebensformen auf vegetativer und tierischer Ebene zu entwickeln.

Auch die Menschheit entwickelte sich, indem sie diesem Trend der zunehmenden Vernetzung folgte. Bis vor etwa 100 Jahren waren wir in erster Linie mit der physischen Umwelt verbunden, in der wir aufwuchsen, während wir heute mit einer weitaus größeren Umwelt verbunden sind. Der Wunsch nach Entwicklung und Fortschritt veranlasste uns, Mittel zu schaffen, um Verbindungen zwischen Menschen, Ländern und Nationen zu ermöglichen. Der Zug, der Telegraf, das Radio und das Telefon verbanden weit entfernte Menschen miteinander, und das Internet machte jeden leicht verfügbar. Diese Tendenz zur Verbindung machte die Welt kleiner und zugänglicher.

Die Evolutionsbiologin und Zukunftsforscherin  Dr. Elisabet Sahtouris beschreibt, wie die Evolution die Natur in die Vielfalt und Individualisierung drängt, was jedes Mal zu Konflikten führt, die dann durch Zusammenarbeit und die Herstellung von Verbindungen auf einer fortgeschritteneren Ebene gelöst werden. Dementsprechend ist der Prozess, durch den die Welt zu einem kleinen globalen Dorf geworden ist, kein Zufall: Er ist eine natürliche Stufe in der Evolution der Zivilisation hin zu einer größeren Form der Verbindung.

Kabbalisten beschreiben diesen Entwicklungsprozess als ein Naturgesetz, als eine allgemeine Kraft, die im System der Natur wirkt und es durch die Schaffung von weiter fortgeschrittenen Verbindungen und Netzen stärker vernetzt.

In der speziellen Sprache des  Sohar, im Teil Toldot (Generationen), wird dieser Prozess wie folgt ausgedrückt: „So wie sich der Körper des Menschen in Organe teilt und diese alle Grad über Grad stehen, eines auf dem anderen errichtet und alle ein Körper sind, so ist auch die Welt, d.h. alle Schöpfungen in der Welt sind viele Organe, die eines auf dem anderen stehen, und sie sind alle ein Körper. Und wenn sie alle korrigiert werden, werden sie tatsächlich ein Körper sein“.

Immer mehr Wissenschaftler sprechen heute von der Welt als einer Art „Superorganismus“ und betrachten sie als eine einzige zusammenhängende Einheit. Die gegenseitige Verantwortung, die durch das Coronavirus beleuchtet wird, macht die Existenz dieses Superorganismus offensichtlich. Alle Teile der Natur, einschließlich des Menschen, sind durch unzählige Beziehungen miteinander verbunden.

Die Welt hat sich verändert. Von einer individualistischen Welt, in der jeder isoliert von den anderen handelt, sind wir zu einer globalen und integralen Welt übergegangen, in der wir alle gesundheitlich, ökologisch, wirtschaftlich, politisch und sozial miteinander verbunden sind.

Global bedeutet ein  – Ganzes. Integral bedeutet miteinander verbunden, in der alle Teile ausnahmslos voneinander abhängig sind. Obwohl wir unseren globalen und integralen Zustand noch zu verdauen haben, ändert das nichts an der Tatsache, dass wir in diesem System leben.

Alles in der Natur ist miteinander verbunden. Die Tiefe dieser Verbindung wird sich mehr und mehr zeigen, wenn wir unsere Forschung über das gesamte System der Natur durch die Weisheit der Kabbala fortsetzen. Ein nachhaltiges Leben in einem solchen System, in dem sich das Netz der Verbindung immer enger knüpft, erfordert eine Änderung unseres Denkens und Verhaltens.    

Immer mit mir – Teil 63

Fürsorge für die anderen

RABASH sagte mir oft: „Wenn du aus der Dunkelheit heraustreten willst, kümmere dich um die anderen.“ Das war sein Gebet. Ich habe es während des ersten libanesischen Krieges 1982 erlebt. RABASH beugte sich jede Stunde zum Empfänger. Er hörte die Nachrichten im Auto, zu Hause, sogar während des Unterrichts. Die Kommentare waren von keiner Bedeutung für ihn, er war nur daran interessiert, was genau los war. Aber während des Krieges in Libanon ließ er den Empfänger nicht aus den Händen. Damals kamen Fremde in unsere Klasse, und es sah für sie sehr seltsam aus. Wie kommt es, dass man aufhört, über das zu reden, was in der Tora geschrieben steht, dass man aufhört, solch erhabene Sachen zu lernen, um die Nachrichten zu hören?!

Ich erinnere mich an einen der Haredim (ultra-religiösen), der sogar empört war und fragte RABASH: „Wie kann das sein? Es ist bei uns überhaupt nicht üblich, Radio zu hören, und Sie unterbrechen sogar den Unterricht und hören zu!“

RABASH antwortete ihm: „Und wenn du dort Söhne hättest, würdest du dich darum kümmern, was dort passiert, oder nicht?! Ich bin mir sicher, dass dein Herz da sein würde! Natürlich! Und du würdest das Radio einschalten und hören, weil du das Gefühl hättest, dass dein Leben davon abhängt. Wir haben unsere ganze Armee dort, und alle von ihnen sind meine Söhne, ich leide mit ihnen und sorge mich um sie.“

Es war eine gute Schule für mich. Zu verstehen, wie der Kabbalist ein besonderes Gefühl für die Menschen entwickelt, wie er leidet und versucht, mit den Menschen in all den Leiden, Schwierigkeiten und Problemen, die dem Land zustehen, zusammen zu sein[1].

[1] Baal HaSulam schreibt in seinen Artikeln „Bürgschaft“ und „Die Gabe der Tora“, dass, je entwickelter ein Mensch ist, desto mehr beginnt er, sich nicht um sich selbst, sondern um seine Familie zu sorgen, dann – um seine Verwandten, dann – um die Gesellschaft, in der er lebt, für sein Land, für die ganze Welt. Es kommt aus dem inneren Bewusstsein, dass wir ein Organismus sind. (aus dem Michael Laitman Blog)

 

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Fortsetzung folgt…

Das Coronavirus verändert die Realität, Teil 10

Was es braucht, um das Coronavirus zu besiegen

Frage: Sehen Sie als Kabbalist die Schläge, die uns erwarten, ich meine die zehn ägyptischen Plagen, als zehn Schläge auf den Egoismus der gesamten Menschheit? Was liegt vor uns?

Antwort: Wir müssen nicht alle zehn Hiebe durchmachen. Wir haben sie bereits in der Vergangenheit durchlebt, und daher können sie heute nicht mehr so stark sein wie damals in Ägypten.

Wir brauchen nur ein paar ernsthafte Hinweise, um wie ein Esel gestoßen zu werden, der mit einem harten Knüppel angestoßen wird, damit es vorwärts geht. Wir brauchen diesen Anreiz, um richtig voranzukommen.

Ich hoffe, dass vielleicht dieser Virus zusätzlich zu unseren Erklärungen ausreichen wird. Es ist durchaus möglich, dass die Menschheit bereits in gewisser Weise die richtigen Schlussfolgerungen ziehen kann.

Hier hängt viel von den Regierungen ab. Sie sind die ersten, die anfangen, ernsthaft darüber nachzudenken, denn das Virus betrifft die gesamte Wirtschaft.

Frage: Welchen Rat würden Sie den Regierungen geben?

Antwort: Ich würde ihnen raten, klüger zu werden und zu verstehen, dass die Entwicklung der Menschheit nicht in ihren Händen liegt; deshalb sollten sie auf das hören, was die Kabbalisten sagen.

Frage: Was ist mit den Menschen, die jetzt zu Hause in Isolation sitzen? Was sollen sie tun?

Antwort: Ich wünsche den Menschen, dass sie verstehen, dass positive Beziehungen die beste, sicherste und einzige Medizin sind, die uns zu Güte und Wohlbefinden führen kann.

Frage: Mit anderen Worten sollten die Menschen, die zu Hause sind, einfach verstehen, dass der Plan für die Entwicklung der Natur in den richtigen Verbindungen zwischen uns liegt. Es ist die Natur, die auf allen Ebenen Probleme und Katastrophen verursacht. Und von uns allen ist lediglich eine wechselseitige Reaktion erforderlich. Wenn es eine Reaktion gibt, nehmen die Probleme ab; gibt es keine, nehmen die Probleme und der Druck zu. Habe ich das richtig verstanden?

Antwort: Ja. Wir müssen uns nur näher kommen, in unseren Gefühlen, auf eine gute Art und Weise, und das ist alles. Viel Glück für uns alle dabei!

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Der Tag nach dem Coronavirus – Kapitel 3. – Warum?

Warum?

Während wir zu Hause eingesperrt waren, begannen in den sozialen Medien verschiedene Theorien über die Ursache des Virus zu zirkulieren: von der Zerstörung der Natur durch die Menschheit bis hin zu Menschen, die gegen Gott sündigen. Weltweit suchten die Menschen nach einer Erklärung für die Ursache dieses lähmenden Phänomens, das uns völlig unvorbereitet traf.

Die Frage nach dem Grund für die Entstehung des Coronavirus gibt Anlass für viele Erklärungsmodelle; man kann sie auch leicht als philosophisch, mystisch oder religiös abtun -, denn Pandemien sind nichts Neues. Zum Beispiel löschte die Spanische Grippe von 1918 und viele andere Pandemien im Laufe der Geschichte ganze Landstriche aus. Wenn wir jedoch die Situation mit dem Verständnis für die Naturgesetze betrachten, wie sie von der Weisheit der Kabbala beschrieben werden, dann können wir anders über diese derzeit schwierige Situation nachdenken.

Nach der Kabbala, die die Entstehung und Entwicklung von Individuen, Gesellschaften, der Menschheit und der Natur als Ganzes erforscht, ist das System der menschlichen Interdependenz der entscheidende Faktor hinter jedem Problem, sei es gesundheitlicher, emotionaler, sozialer, wirtschaftlicher oder ökologischer Natur.

Wir könnten zwar die Ursachen für den Ausbruch des Coronavirus durch eine Untersuchung auf biologischer Ebene ermitteln, aber wir würden immer feststellen, dass sich alles Geschehende auf eine tiefere Eben zurückführen lässt.

Das Coronavirus ist wie ein Puzzle-Stein. Die Lösung dieses Rätsels bedeutet nichts Geringeres als eine Einladung zur nächsten Stufe der menschlichen Evolution aufzusteigen.

 

Das Ziel der Spiele des Schöpfers

Frage:  Als Beispiel: Ein Mensch kommt mit einem Problem in die Klinik. Dort ist eine Schlange, in der er lange warten muss, um aufgenommen zu werden. Oder er geht zur Bank um Geld abzuheben. Er erfährt, dass sein Konto gesperrt wurde. Sind das alles Spiele des Schöpfers? Was soll ich dadurch verstehen?

Antwort: Der Mensch wird dazu gebracht, nach dem Sinn des Lebens und nach seinem gegenwärtigen Zustand zu fragen: Wozu und woher kommt er?

Wenn er danach fragt, kommt er in eine passende Gesellschaft von Menschen, Büchern oder er erlebt Ereignisse, die ihn zu der Frage nach dem Sinn des Lebens bringen.

Während er den halben Tag in der Klinik in der Schlange sitzt, oder Probleme mit seinem Geschäft oder andere Schwierigkeiten hat, beginnt er darüber nachzudenken: „Was soll dieses Leben?“.

All diese Probleme, wir haben immer mehr davon, holen uns auf Schritt und Tritt ein. Sie sind nur dazu gedacht, dass sich unsere Generation zu fragen beginnt: „Wozu sind wir da? Was ist der Sinn des Lebens“?

Menschen tun das. Sie sind deprimiert, sie nehmen Drogen, um irgendwie aus diesem Leben zu fliehen. Langsam werden sie dahingeführt, die Methode der Erkenntnis der höheren Kraft, die sie geschaffen hat, sie steuert und mit ihnen spielt, zu offenbaren. Sie wollen wissen, warum ihnen das wiederfährt, wo dieser Schöpfer ist der alles bestimmt und ob Er überhaupt existiert? Zu welchem Zweck, warum, wozu? 

Es gibt keinen Menschen, der zur Kabbala kommt ohne zuvor deprimiert oder vom Leben enttäuscht gewesen zu sein. Die Menschen kommen zu uns, da sie einen Mangel spüren: „Ich habe nicht das Wichtigste im Leben“. Wenn ein Mensch das empfindet, vielleicht sogar ohne seine Frage und die fehlende Antwort genau zu verstehen, dann nähert er sich der Kabbala an.

Frage: Findet er dann die richtige Umgebung, die richtigen Bücher und warum in der Kabbala?

Antwort: Er kann viele andere Kreise durchlaufen, aber im Endeffekt wird ihn das Schicksal dennoch zur Kabbala führen.

Bisher sind das immer noch Einzelne. Wir sind die erste Linie, die sich dem Schöpfer annähert. Wir werden aber noch viele Menschen mitnehmen, sie werden immer wieder kommen und gehen, auftauchen und verschwinden. Das ist der natürliche Weg, eine Art Start-Stopp-Bewegung.

Aus dem TV-Programm „Grundlagen der Kabbala“, 25.03.2019.

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Die Weisheit König Salomos: Wer wird der Eifersucht widerstehen?

Aussage: König Salomo wendete in seinen Sprüchen eine verblüffende Weisheit an, hinter deren äußerer Einfachheit eine große Tiefe liegt.

„Es gibt keinen rechtschaffenen Menschen auf Erden, der Gutes tut und nicht sündigt“.

Antwort: Ich würde es anders sagen: Es gibt keinen rechtschaffenen Menschen auf Erden, der etwas Aufrichtiges tun würde, ohne vorher zu sündigen. Jedes Mal kann er nach dem Maß seiner Sünde etwas Gerechtes tun. Das eine gegen das andere.

Frage: Was ist Ihrer Meinung nach Sünde?

Antwort: Sünde ist jeder Zustand, in dem ich einem anderen schaden kann. Es braucht keine Handlung sein, es genügt die Absicht. Wenn ich mir dessen bewusst bin, dann gehe ich sofort zum nächsten Zustand über, in dem ich mich auf die richtige, freundliche Weise gegenüber anderen ändere und dort endet meine Korrektur.

Die Tatsache, dass man gute Handlungen sieht, kann daran liegen, dass man nicht erkennt, ob ein Mensch, der etwas Gutes tat, zuerst etwas Böses meinte. Er traf nur anschließend die Entscheidung, zum Guten zu wechseln – nach außen hin sieht man dann den guten Zustand.

Es müssen vier Stufen vom Zustand des Bösen, zum Zustand des Guten durchlaufen werden.

Frage: Habe ich, bevor ich eine gute Tat vollbracht habe, davor gesündigt?

Antwort: Selbstverständlich! Und wenn du nicht das Gefühl hast, dass du vorher gesündigt hast, dann hast du keine gute Tat vollbracht. Im Ernst! Es gibt Geschichten, Gleichnisse, die besagen, dass jeder fröhliche, weise Mensch in seinem Inneren das Gegenteil davon ist. Er ist depressiv und so weiter.

Raikin (ein russischer Schauspieler) ist ein gutes Beispiel von solch einem Charakter! Dank der Zustände, die er erlebte: er empfand die Welt und sich als abstoßend, konnte er auf die Bühne gehen und das Gegenteil darstellen. Er hätte sonst diese Emotionen, dieses Verständnis, nicht darstellen können. Das ist immer so.

Aus dem TV-Programm „Nachrichten mit Michael Laitman“, 16.12.2019

(260327)

Der Tag nach dem Coronavirus – Kapitel 2. – Interdependenz

 Interdependenz

Das Virus lässt uns bitter unsere Kleinheit und Schwäche angesichts der übermächtigen und einschüchternden Natur spüren. Wir erzittern wie ein Schwimmer vor der sich schnell nähernden Haiflosse.

Darüber hinaus zeigt uns das Coronavirus unsere enge gegenseitige, wenn auch vielfach negativ wahrgenommene Abhängigkeit. Wir können uns schon beim geringsten Kontakt gegenseitig anstecken. Angefangen von einem Händedruck bis hin zur gemeinsamen Nutzung desselben Raums. Es braucht nur einen Moment der Verantwortungslosigkeit, ob ohne Absicht oder durch Missachtung der Richtlinien des Gesundheitsministeriums, um jemand anzustecken.

Wir sind es mittlerweile gewöhnt, problemlos mit Menschen auf der ganzen Welt zu kommunizieren, online einzukaufen, häufig zu fliegen und uns ständig darüber zu informieren, wo was geschieht. Das ist eine Form der Verbindung. Wir haben es bisher jedoch versäumt, uns das Ausmaß und die Konsequenz einer solchen Verbindung vorzustellen.

Das Coronavirus macht deutlich, dass das Problem eines Menschen an einem weit entfernten Ort, sehr bald auch zu unserem Problem werden kann. In den letzten Jahren sprachen Politiker, Wirtschaftswissenschaftler und Staatsoberhäupter zunehmend darüber, dass wir als Menschheit im selben Boot sitzen. Und mit dem Ausbruch der Pandemie wurde das Konzept der globalen, gegenseitigen Abhängigkeit plötzlich und über Nacht zur Wirklichkeit. Die Welt ist durch Wirtschaft, Handel und Internet schon lange zu einem Netzwerk geworden, über dessen Auswirkung wir uns bisher kaum bewusst waren.

„Die gegenseitige Abhängigkeit stellt jeden Menschen auf der ganzen Welt in einer noch nie dagewesenen Weise bloß“, schrieb der ehemalige NATO-Generalsekretär Javier Solana vor fast zehn Jahren in seinem Artikel „The New Grammar of Power“ zusammen mit Daniel Innerarity, Professor für soziale und  politische Philosophie an der Universität des Baskenlandes. In dem Artikel gehen Solana und Innerarity näher auf das enorme Ausmaß unserer gegenseitigen Abhängigkeit ein und schlussfolgern, wie notwendig eine grundlegende Änderung unserer Einstellung zueinander ist, wenn man anerkennt, wie sehr wir voneinander abhängig sind:

„Denken Sie an den Klimawandel; die Risiken der Kernenergie und der Verbreitung von Kernwaffen; terroristische Bedrohungen […]; die Kollateralschäden politischer Instabilität; die wirtschaftlichen Auswirkungen von Finanzkrisen; Epidemien (deren Risiken mit größerer Mobilität und freiem Handel zunehmen); und plötzliche, von den Medien angeheizte Paniken. […] Nichts ist völlig isoliert. […] Die Probleme anderer Menschen sind jetzt unsere Probleme, und wir können sie nicht mehr mit Gleichgültigkeit betrachten oder darauf hoffen, einen persönlichen Nutzen aus ihnen zu ziehen. […] Wir müssen eine neue Grammatik der Macht lernen, in einer Welt, die mehr aus dem Gemeinwohl – oder dem gemeinsamen Schlechten – besteht als aus Eigeninteresse oder nationalem Interesse“.

Die Gesetze des Netzwerks wurden nun deutlich spürbar. Die staatlichen Gesundheitsämter und Experten wurden zu Gesetzgebern. Neue Regeln wurden aufgestellt: Kontaktverbot, Mindestabstand, Maskenpflicht, Handschuhe und Selbst-Quarantäne, wenn man engen Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall hatte. Schließlich folgte eine allmähliche, allgemeine Abriegelung.

Mit dem Hochschnellen der Zahl der hospitalisierten Patienten kamen Bedenken über einen möglichen Zusammenbruch des Gesundheitssystems auf. Die Umstände führten uns zu der Erkenntnis, dass wir die rasche Ausbreitung des Virus nur dann verhindern können, wenn wir in persönlicher und gegenseitiger Verantwortung handeln.

In der Welt vor dem Coronavirus klang gegenseitige Verantwortung wie ein weiterer belächelter Slogan, ähnlich wie „liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ – eine Floskel, deren Umsetzung eigentlich von niemandem ernst genommen wurde. Beim Militär trainiert man eine solche enge Verbindung, um zu überleben, aber außerhalb des militärischen Rahmens wird gegenseitige Verantwortung eher als abstraktes Ideal angesehen.

Das  Coronavirus machte schnell klar, dass „gegenseitige Verantwortung“ viel mehr ist als nur ein schönes Wort: Wir können uns alle gegenseitig anstecken, und sind daher verpflichtet, füreinander verantwortlich zu sein. Ob es uns gefällt oder nicht, jeder unverantwortlich Handelnde wird andere anstecken und endlose Kettenreaktionen auslösen, die alle gefährden.

In vielen Ländern wurden COVID-19 diagnostizierte Fälle öffentlich bekannt gegeben. Die Reiserouten der Betroffenen wurden Gegenstand epidemiologischer Untersuchungen, und alle anderen wurden kontrolliert, ob sie sich zu den entsprechenden Zeiten an den entsprechenden Orten aufgehalten hatte. War dies der Fall, mussten sie sich in Selbst-Quarantäne begeben und dies den Behörden melden.

Damit übertrug das Coronavirus die persönliche und gegenseitige Verantwortung auf ganze Regionen. Die Art und Weise, wie sich das Virus verbreitete, lehrte uns, dass jedes einzelne Individuum im globalen Zeitalter einen enormen Einfluss hat.

Je mehr Zeit verging, desto strikter wurden die Einschränkungen. Als die Welt still stand und sich die Straßen leerten, tauchten die großen Fragen auf: Was wird als Nächstes geschehen? Wann wird diese Pandemie enden? Was hat diese ganze Situation verursacht? Und warum haben wir das verdient?

Das Coronavirus verändert die Realität, Teil 9

Coronavirus und Antisemitismus

Frage: Bis vor kurzem befassten Sie sich mit Problemen über Antisemitismus und verfassten Artikel und Bücher zu diesem Thema. Doch plötzlich gibt es diesen Virus, und nun sind Sie mehr damit beschäftigt zu erklären, woher dieser Schlag kommt. Warum?

Antwort: Nein, ich beschäftige mich nicht speziell mit dem Virus. Ich verstehe aber, warum er uns gegeben wurde. Dies ist eine ziemlich einfache Aufgabe. Sie kann nicht so gelöst werden wie Antisemitismus, wo es notwendig ist, alles auf ideologischer Ebene zu erklären.

Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem, was jetzt geschieht, und Antisemitismus?

Antwort: Es wird bald einen geben. Bald werden Juden beschuldigt werden, diesen Virus absichtlich durch China und den Iran, d.h. durch ihre Verleumder, in Umlauf gebracht zu haben.

Kommentar: Es wird bereits in den iranischen Medien berichtet.

Meine Antwort: Im Iran ist dies nachvollziehbar. Bald aber wird es überall in den Schlagzeilen sein, und die Menschen werden darüber sprechen. Es gibt jedoch eine Menge Dinge, die wir tun können. Dann werde ich wieder damit beginnen, die Gründe für den Antisemitismus zu erklären.

Im Moment ist es sehr schwierig, den Menschen den Zusammenhang zwischen dem Virus und den Juden, zwischen ihrer historischen Rolle und der egoistischen Verbindung verschiedener Nationen zu erklären.

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Der Tag nach dem Coronavirus – Kapitel 1 – Von der Gleichgültigkeit zur Panik

 Von der Gleichgültigkeit zur Panik

Vom Coronavirus hörten wir zum ersten Mal  in einer Randnotiz über einen Virusausbruch im weit entfernten China. Wir hatten keine Ahnung, wie dramatisch sich dies auf unser Leben auswirken würde, und so wandten wir uns anderen Nachrichten zu.

Zunächst waren Heimkehrende aus einigen asiatischen Ländern der Selbst- Quarantäne unterworfen. Später wurden Flüge in den Osten und in andere Teile der Welt gestrichen, und Menschen, die aus bestimmten Ländern zurückkehrten, mussten eine Heimquarantänezeit einhalten. Doch selbst damals ahnten wir noch nicht, welch weitreichende Folgen dies noch haben würde. Wir machten uns vor allem Sorgen darüber, ob und wie wir wichtige Handelsgüter weiter aus China beziehen könnten.

Wer hätte gedacht, dass sich eine Epidemie in einer abgelegenen chinesischen Provinz bald zu einer globalen Pandemie entwickeln würde? Viele von uns hatten bereits vom Schmetterlingseffekt gehört, bei dem eine kleine Störung in einem entlegenen Teil der Welt Auswirkungen auf andere Gebiete hat. Wir setzten uns jedoch mit diesem Begriff bisher nur metaphorisch und philosophisch auseinander.

In der ersten Phase der Pandemie, als wir uns des Potenzials der Katastrophe und der weltweiten Ausbreitung  des Virus noch nicht bewusst waren, hielten einige die restriktiven Maßnahmen für übertrieben. Das Coronavirus schien nicht tödlicher zu sein als eine gewöhnliche Grippe. MIt scheinbar relativ niedrigen Sterblichkeitsraten war das Coronavirus vor allem für ältere Menschen und solchen mit Vorerkrankungen gefährlich. Es war folglich vielen unklar, warum die Bewegungsfreiheit der Allgemeinbevölkerung eingeschränkt werden sollte.

In der nächsten Phase kam es zu einer schnellen Ausbreitung mit einem plötzlichen Anstieg der Zahl der Infektionen und Todesfälle. Angst, Ungewissheit und Panik machten sich in vielen Ländern breit. Viele fühlten sich verloren, als die drohende Abriegelung in immer mehr Ländern zur Realität wurde.

Natürlich wurden unsere grundlegenden Überlebensinstinkte freigesetzt. Wir drängten in die Supermärkte, leerten die Regale und bunkerten Waren in unseren Vorratskammern. Das Toilettenpapier ging uns aus. Gleichzeitig füllten sich die sozialen Netzwerke mit Witzen, die mit versteckter Angst gemischt waren.

Alle wurden plötzlich misstrauisch. Hielten die anderen sich strikt an die Richtlinien des Gesundheitsministeriums oder nicht? Wo hatten sie sich aufgehalten? Womit waren sie in Kontakt gekommen? Waren sie sorgfältig auf ihre Hygiene bedacht? Ein Niesen oder Husten machten aus jedem von uns eine Gefahr für das öffentliche Wohlbefinden.

Staatsoberhäupter verbrachten Tag und Nacht in hitzigen Diskussionen. Die Ausbreitung des Virus musste eingedämmt werden,  ohne einen wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verursachen. Die Kontroversen vom Vortag, soziale Gräben und sogar terroristische und nukleare Bedrohungen waren angesichts des neuen Problems von globalem Ausmaß verschwunden.

Grübelten wir vorher, welches neue Auto wir kaufen, wohin wir in unseren nächsten Urlaub fahren oder welche Schuhe wir in unsere Kollektion aufnehmen sollten, konfrontierte die weltweite Ausbreitung des Coronavirus viele von uns mit einer neuen Realität und der ernsten Frage, wie wir unsere Grundbedürfnisse befriedigen konnten.

Würden wir nächste Woche etwas zu essen haben oder würden die Lieferungen eingestellt? Wenn wir noch nicht aus unseren Jobs entlassen wurden, wie lange würden wir sie behalten? Und was, wenn wir morgen unsere Lebensmittel, Miete, Hypothek oder Kredite und Schulden nicht mehr bezahlen konnten?

Immer mit mir – Teil 62

Eigene Seele kennen

Nach einer Weile begannen wir am Anfang der Lektion, diese Artikel in der Gruppe zu lesen. Wir lasen eine Stunde, anderthalb. RABASH hörte mit geschlossenen Augen und nach hinten gebeugtem Kopf zu. Für ihn war nicht nur die Meinung der Schüler wichtig, sondern auch die unserer Frauen. Am Ende des Artikels sagte er immer zu mir: „Vergiss nicht, es den Frauen zu geben. Es lag in meiner Verantwortung, die Artikel zu kopieren und durch meine Frau weiterzugeben. RABASHs nächste Frage war: „Nun, was haben sie gesagt? Wie ist der Artikel für sie?“ Er schätzte ihre Meinung, vielleicht sogar mehr als unsere. So erschienen einmal im Monat Artikel über Frauenfragen.

Heute, nach fast 40 Jahren, sehe ich, welche Veränderungen die Artikel von RABASH in mir, in seinen Schülern, in all denen, die ihn umgaben, bewirkt haben. Sie wirkten anfangs unschön und falsch geschrieben, es schien uns, dass ihre einzelnen Teile nicht miteinander verbunden waren, dass sie inkonsequent waren… Weil wir in ihnen die präzise Bewegung der Seele nicht erkannten, die sich auf diese Weise entwickelt. Wir kannten unsere Seele nicht. Doch RABASH kannte sie.       

Diese Artikel haben ihre Arbeit getan. Vor meinen Augen begannen Wunder zu geschehen. Ich erinnere mich, als wir einen Artikel lasen, und plötzlich öffnete sich die Tür, und jemand Unbekanntes kam herein, nahm Kaffee, setzte sich hin und schloss sich, als ob nichts geschehen wäre, der Lektion an. Weniger als zehn Minuten später öffnete sich die Tür wieder und ein neuer Unbekannter kam herein und machte dasselbe. RABASH sah meine Verwirrung, lehnte sich zu mir herüber und flüsterte: „Dieser hier ist vor 10 Jahren verschwunden, und der andere vor 15…“

So begannen wir, die Artikel zu lesen, und so fingen auf einmal die längst verschwundenen Studenten von RABASH an, zurückzukehren. Es war, als hätten sie den Ruf gehört und kamen zurück. Es ging ihnen so, als wären sie eine Zigarette rauchen gegangen oder hätten sich einen Tag frei genommen, und nicht 10 oder 15 Jahre. Das alles, weil diese Artikel „Manuskripte“ der menschlichen Seele waren. Und wonach strebt die Seele? Sich um die anderen zu kümmern. RABASH kümmerte sich um alle.

 

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Fortsetzung folgt…