Was sieht ein Kabbalist?
Frage: In dem Artikel,“Die Essenz der Weisheit der Kabbala,“ schreibt Baal HaSulam, dass alle Welten in allen Details identisch sind. Was bedeutet das?
Antwort: Die gesamte Welt ist eine Kopie der höheren Welt. Das Material ist unterschiedlich, die Absichten sind anders, die Erfüllung und die Essenz sind anders, aber dennoch ist es eine Kopie des Höheren, mit den Charakteristika des Niederen.
Nehmen wir an, es gibt eine Blume in unserer Welt und es existiert eine „Blume“ in der höheren Welt. Eine „Blume“ in der höheren Welt ist eine Ansammlung von Charakteristiken, die solche Verbindungen untereinander herstellen, dass in unsere Welt eine Blume entsteht. Ein Kabbalist, dem sich die höhere Welt offenbart, öffnet die Augen und beginnt diese Verbindung zu sehen. Im Gleichklang mit diesem inneren Bild unserer Welt, das er in sich findet, beginnt er, die höhere Welt zu sehen und die Wurzeln dieser Weltanschauung zu erkennen. Er sieht, dass eine Blume in der unteren Welt das Resultat von speziellen Kräften der höheren Welt sind, die sich miteinander versammeln. Auf diese Art und Weise hat er nun „Wurzel“ und „Zweig“, die „Wurzel“ oben, den „Zweig“ unten und die Verbindung zwischen ihnen.
Er benennt diese höheren Prozesse mit irdischen Namen, wie zum Beispiel die „Rose“ mit ihren Dornen und Blättern. Er versteht, wie er Prozesse und Dinge benennen muss. Sonst hätte er keine Möglichkeit, dies zu tun. Die Sprache der Wurzel und Zweige kommt daher. Ohne diese Sprache könnten die Kabbalisten nicht über die höheren Welten sprechen, die nur aus Kräften besteht. Um sich untereinander auszutauschen, brauchen Kabbalisten keine Sprache, da sie in diese Kräfte einbezogen sind und diese aktivieren.
Um ihre Erkenntnisse von Generation zu Generation weiterzugeben und die Menschen zu lehren, brauchen sie die Sprache der Zweige. Diese Sprache ist sehr präzise, da sie jede Wurzel, für jeden Zweig kennen und da jeder Prozess einen Name hat, können sie die Verbindung zum Höheren dadurch herstellen. Für uns stellt das ein Problem dar. Wenn wir ein Kabbalistisches Buch öffnen, sehen wir, dass alles in unserer materialistischen Sprache geschrieben ist. Dies verwirrt uns und wir verwechseln die Prozesse mit jenen unserer Welt. Die Kabbalisten beziehen sich überhaupt nicht auf unsere Welt. Nur die Naturwissenschaften sprechen von unserer Welt.
Frage: Gibt es Wurzeln für jeden Zweig in unserer Welt?
Antwort: Ja. Für alles was in unserer Welt existiert, gibt es Wurzeln in der höheren Welt, aber diese sind uns noch unbekannt. Diese Frage könnte man auch anders stellen: Gibt es mehr Wurzeln in der höheren Welt als Zweige in unserer? Nein. Es gibt für jeden Zweig eine Wurzel. Es gibt kein Licht oder Phänomen in Olam Ejn Sof (die Welt der Unendlichkeit), das nicht den untersten Punkt dieser Welt erreicht.
In unserer Welt sehen die Kabbalisten sogar das Licht, das im Material wirkt, während wir nur die Verpackung und die Substanz sehen. Er sieht das Licht und die Energie, die alle Komponenten der Substanz antreibt, er sieht die Absicht des Geschaffenen, er sieht das Ziel der Schöpfung, den Schöpfungsgedanken.
Hinter all den Gesichtern, dem Unbelebten, Pflanzlichen und der tierischen Natur sieht er die Realisierung des Zieles der Schöpfung in jedem einzelnen Moment. Manches wird am Wege des Leidens sichtbar, in seiner Zeit (Beito), oder mehr in Richtung des Lichtes, „ich werde es beschleunigen“ (Achishena). Er sieht die permanente Entwicklung dieser Welt, als ob sie auf der Waage balancieren würde.
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Aus dem 4. Teil der täglichen Morgenlektion. 15/12/2014, Schriften von Baal HaSulam
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