Auf der Spur der Pariser Tragödie: Freiheit und Erlaubnis
Frage: Nach dem verheerendem Terrorakt in Paris, der 129 Leben gekostet hat, reden viele über einen Dritten Weltkrieg…
Antwort: Es ist noch kein Dritter Weltkrieg, denn dieser wäre ein Atomkrieg und würde die Welt zerstören. Ich will diese Tragödie keinesfalls klein machen, eine Tragödie, die Frankreich und die ganze Welt betrifft. Zu unserem Bedauern werden diese Terrorakte schon zu alltäglichen Geschehnissen. Vor einer Woche wurde ein russisches Flugzeug mit mehr als 200 Menschen zerstört. Das ist zwar noch kein Weltkrieg, aber es sind erste Symptome. Wenn wir so weitermachen, werden wir in einer Katastrophe enden.
Frage: Frankreich ist die Mutter der demokratischen Begriffe wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – die Schlagworte der französischen Revolution. Wie ist es möglich, dass sich genau hier die dunklen Kräfte des Bösen enthüllen?
Antwort: Seit der französischen Revolution wurde die Demokratie derart „zurechtgebogen“, dass die Freiheit als Erlaubnis für alles und jedes verstanden wird. Das ist aber nicht gut. Alles soll in Balance bleiben, weil unsere Welt auf dem Gleichgewicht zweier Kräfte basiert – Licht und Dunkelheit, Plus und Minus, Kalt und Warm. Die ganze Natur besteht aus dem Zusammenspiel dieser beiden Gegensätze. Eine grenzenlose Freiheit kann zu verheerenden Folgen führen, die schlimmer als Sklaverei und Diktatur sind.
Solange die Menschheit keine Freiheit hatte, war klar, wie schrecklich die Sklaverei war. Aber es ist sehr schwer, denjenigen die Stirn zu bieten, die das Böse zulassen und es mit der Fahne der Freiheit und Demokratie verhüllen. Deswegen muss selbst die Freiheit richtig proportioniert werden.
Wir sehen, dass Frankreich innerhalb der letzten Jahrzehnte zu einem Asyl für Migranten aus Afrika und dem Nahen Osten wurde. Es ist nichts von dem Frankreich der Europäer übrig geblieben, das durch seine klassische Literatur und Kultur berühmt wurde. Man erinnert sich nur mehr vage daran.
Die früheren Schlagworte „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ sind zu schönen Worten mutiert, die nirgendwo realisiert werden. Es ist ja auch praktisch unmöglich, sie zu realisieren. Wir sollten realistisch bleiben. Es gibt die Demokratie, die wir schönreden und es gibt die bittere Realität, in der wir leben und die in der die Demokratie nicht mehr existiert.
Wir sollten Traumwelt und Realität trennen. Bei allem Respekt vor Frankreich, das als erstes Land die Welt zur Demokratie, Bildung und Kultur geführt hatte, muss man doch bedenken, dass damals die Zeit dafür gerade reif war und es nun Vergangenheit ist. Die Periode der Renaissance ist zu Ende.
Heute, nach 150 Jahren befinden wir uns in einer anderen Periode. In unserer Zeit herrschen Terror und Macht. Frankreich wurde statt Blau-Weiß-Rot zu Grün, und das beeinflusst sein öffentliches Leben. Man kann nicht mehr vom französischen Frankreich sprechen, wenn 10% seiner Bevölkerung Muslime sind.
Der Präsident von Frankreich stellt nicht Frankreich dar, sondern die Kraft, die es antreibt. Deswegen ist Frankreich in zwei Teile zersplittert. Die rechtsradikalen Anhänger Le Pens wollen das Land zum vorherigem Zustand zurückführen. Und obwohl es fast Faschisten sind, erscheinen sie den Franzosen nicht so schlimm und extrem wie der Terror, der in Frankreich herrscht. Die Franzosen sehen offenbar keine andere Wahl mehr als sich der rechten Linie anzuschließen.
Aus dem Radio-Programm 103FM, 15.11.2015
[170049]