Choleriker ist der Held unserer Zeit
Die vier Arten des menschlichen Temperaments entsprechen den vier Stadien der Entwicklung der Selbstsucht.
Deshalb hat der Phlegmatiker eine verzögerte, schwere, einfache, verhältnismäßig primitive Selbstsucht. Der Mensch kann ein großer Wissenschaftler sein, aber seine äußerliche Erscheinungsform, sein Tempo, seine innere Frequenz sind solcher Art. Dann gibt es noch den Sanguiniker, den Melancholiker und gleich darauf den Choleriker.
Wenn wir über die vier Stadien der Entwicklung der Selbstsucht lesen, dann haben sie genau diese Anordnung: das erste Stadium ist passiv; das zweite ist die Suche des Gegenteils zum passiven Stadium; das dritte Stadium ist schon die unvollständige Realisation und die Empfindung des Mangels an dieser Realisation. Und nur das letzte Stadium stellt das gegenwärtige entwickelte Verlangen dar.
Aber im Prinzip schließt jede dieser Etappen auch alle vier Etappen ein. Deshalb heißt es eben, dass es vier Stadien gibt, die man noch auf vier weitere aufteilen kann, also sechszehn insgesamt.
Über das größte Verlangen verfügt der Choleriker. Es geht aber um „die netto“ Verlangen und keinesfalls um „die Farbe“ dieser Verlangen. Somit kann ein Choleriker sowohl ein Künstler als auch ein Schlosser sein.
Frage: Wenn das letzte Stadium den Choleriker darstellt, dann kann man vermuten, dass wir uns jetzt im Stadium befinden, in dem diese Art des Reagierens überwiegt.
Meine Antwort: Ja, er überwiegt tatsächlich. Aber es handelt sich darum, dass der innere Stress, welchen der Choleriker empfindet, ihn zwingt, auf dem „Sofa zu liegen“. In seinem Inneren existiert ein riesiges Ungleichgewicht, die Unruhe mit der absoluten äußerlichen Apathie. Darin wird heute der Choleriker gezeigt.
Deshalb, wenn man ihn von der Seite her betrachtet, sagt man: „Also, was für ein Choleriker ist er? Ein Choleriker läuft doch ständig hin und her, weiß nicht genau, was er zu tun hat“. Und er findet keinen Ausweg, seine innerliche Suche ist in die Sackgasse geraten, weil er außen kein Ziel sieht. In seinem Inneren herrscht der Konflikt zwischen seinem inneren und seinem äußerlichen Zustand.
Diese Menschen sind äußerst empfindlich. Der Choleriker ist schöpferisch, er ist der Träger eines riesigen Verlangens – er realisiert nichts, weil er nur der Träger ist. Deshalb sollen im Kollektiv die Menschen aller Temperamente vorhanden sein, damit im Endeffekt in ihrer Kombination etwas geboren werden kann. Somit sind für uns die Choleriker auch notwendig.
Auszug aus dem Gespräch über die integrale Erziehung, 24.05.2012